Die Grundsteinlegung der neugotischen Backsteinkirche
in Meilendorf von 1880

Hier ein kurzer Auszug aus dem Archiv der Evangelischen Landeskirche Anhalts zur
Grundsteinlegung der neuen Kirche in Meilendorf von 1880 als Originaltext.

„In Gegenwart der Herren Geheimer Regierungsrath Joachimi
und Consistorialrath Dr. theol. Schubring.

Meilendorf am 15. August 1880

Am heutigen Tage Nachmittag 2 Uhr fand hier die Feierlichkeit zur Grundsteinlegung
für den Neubau der hiesigen Kirche nach dem beigefügten Programm statt, jedoch
mit der Abweichung, das der Herzogliche Bauinspector Januskowski, welcher durch
dringliche anderweitige Berufsarbeiten wegen des in Folge eines in diesen Tagen bei
Prag niedergegangenen bedeutenden Wolkenbruchs zu fürchtenden Hochwassers im
Elbstrome am Erscheinen verhindert war, durch den hier stationirten Bauführer
Wrede aus Dessau vertreten wurde.
Die neben genannten beiden Herren Commjissarien des Herzoglichen Consistoriums
zu Dessau und der Unterschriebene hatten sich zu der vorerwähnten Zeit in der
Cantorwohnung, wo die beiden Geistlichen: der Ortspfarrer für Meilendorf, Pfarrer
Tettenborn aus Reupzig und der Pfarrer und Kreisschulinspector Mette aus
Quellendorf - dieser letztere als Vertreter resp. Assistent des jetzt kränkelnden
Pfarrers Tettenborn - ebenfalls eingetroffen waren.
Kurz darauf begab man sich nach dem an das Cantoratsgehöft grenzenden alten
Kirchhofe, wo der Zug verordnet wurde, der sich dann programmmäßig nach der auf
dem Dorfplatze - nahe dem etwas eingeengten Teiche - gelegenen Baustätte der
neuen Kirche in Bewegung setzte.
Die Arbeiten für den Neubau der Kirche waren bereits ziemlich weit - bis zur
Mauerhöhe - vorgeschritten, weil die Feierlichkeit für die Grundsteinlegung auf
Wunsch der Gemeinde Meilendorf und der nach Meilendorf eingepfarrten
Gemeinden, namentlich der die Landleute seit Wochen viel beschäftigenden
Erntearbeiten halber, bis heute zurückgestellt worden ist.
Nachdem der durch Glockengeläut vom Thurme der z.Z. noch stehenden alten Kirche
angekündigte Festzug unter Musikbegleitung sich im innern Raume der neuen
Kirche eingefunden und aufgestellt hatte, wurde die Feierlichkeit, welcher außer
den im innern Kirchenraume versammelten vielen Gemeindegliedern auch nicht
wenige erwachsene jüngere Leute auf den von ihnen erstiegenen Kirchenmauern
beiwohnten, mit dem Absingen der drei ersten Verse des Liedes Nr. 636 aus dem
Anhalt=Dessauischen Gesangbuche: ‚Sei Lob und Ehr dem höchsten Gut, dem Vater
aller Güte pp‘ eröffnet.
Darauf hielt der Pfarrer Mette aus Quellendorf, in Vertretung des anwesenden
Pfarrers Tettenborn, eine Rede über die Bibelstelle im 1ten Briefe Pauli an die
Korinther, Cap. 1, Vers 30: ‚Von welchem auch ihr herkommt in Jesu Geiste, welcher
uns gemacht ist von Gott zur Weisheit und zur Gerechtigkeit und zur Heiligung und
zur Erlösung.‘ Das Thema der Rede war: ‚Vom Neubau unseres Lebens und
christlichen Wandels in Christo Jesu‘.
Nach Beendigung der Rede verlas der Cantor und Schullehrer des Orts, Bachmann,
die hier gleichfalls beigefügte‚ Urkunde für den Grundstein der neu zu erbauenden
Kirche in Meilendorf‘.
Dieses Document wurde nebst den in Dessau zuletzt erschienenen drei Nummern des
Anhaltischen Staats-Anzeigers nebst einigen jetzt gangbaren Deutschen Münzen in
das bereit gehaltene viereckige Behältniß von Zinck gelegt.
Nachdem dieses Behältniß verlöthet und in die links vom Austritte aus der
projectirten Sacristei in den Kirchenraum leer gelassene Wandöffnung gestellt
worden war, erfolgten die üblichen drei Hammerschläge in der durch das Programm
festgestellten Reihenfolge - theilweise unter Hinzufügung von Segenswünschen -
zuletzt auch die Hammerschläge des Pfarrers Mette aus Quellendorf, als des
Beistandes des Ortspfarrers Tettenborn und des Unterschriebenen.
Die hierauf folgende Vermauerung der die Urkunde pp. bergenden Wandöffnung.
geschah unter Absingung des Liedes Nr. 638 aus dem Anhalt-Dessauischen
Gesangbuche: ‚Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehre pp‘ seitens der
Schulkinder.
Das hiernächst vorgeschriebene Gebet nebst dem an dasselbe sich anschließende
‚Vater unser‘ sprach der Ortspfärrer Tettenborn.
Nachdem der Herr Ober- Consistorialrath Dr. Theologiae Schubring über die
Versammelten den Segen gegeben hatte, schloß mit der Absingung des
Liedes Nr. 645 aus dem Anhalt-Dessauischen Gesangbuche: ‚Nun danket Alle Gott
pp‘ die Feierlichkeit, welche vom Wetter, das während der letzt verflossenen
Wochen viele und nicht selten heftige Regengüsse gebracht hatte, begünstigt war
und welche anscheinend einen recht befriedigenden Eindruck auf sämmtliche
Anwesende gemacht hatte.
Nach einer Pause von etwa einem Stündchen begannen die bei solchen Festlichkeiten
üblichen Schuljugend- und Volksbelustigungen, und für die amtlich bei der
Feierlichkeit anwesend Gewesenen fand ein Festmahl im Gasthofe des Dorfes statt,
bei welchem Tooste auf Seine Hoheit, den Herzog, und das ganze Herzogliche Haus,
auf die kirchliche Oberbehörde, die anwesenden Mitglieder derselben insbesondere,
auf alle Förderer und Arbeiter des Meilendorfer Kirchenneubaues u.s.w. ausgebracht
wurden und welches in Herzlichkeit und Frohsinn seinen Verlauf nahm.
So nachrichtl.
Bennhold,
Canzleidirector.“

Quelle: AELKA, Bestand Herzogliches Konsistorium, M 4, Nr. 4, Bd. 1.